LEIPZIG: THEATER DER JUNGEN WELT

„MITTEN INS HERZ – EINE THEATRALE BIOLOGIESTUNDE“ AM START

SOURCE:: mit freundlicher Genehmigung Leipziger Volkszeitung, vom 14.03.2012

Angelika Raulien

Das „geteilte“ Herz  //  Begehbares Modell vorgestellt
Theater der Jungen Welt und Herzzentrum Leipzig – eine herzliche Verbundenheit, die nunmehr in einem gemeinsam nutzbaren Herzmodell gipfelt. 2,08 Meter hoch. 2,40 Meter breit. 4,20 Meter lang. „Es ist für unsere Patienten und Angehörigen begehbar!“, sagt Oberarzt Markus Barten. „Es ist für uns bespielbar, lässt sich auf Gastspiel-Touren gut mitnehmen!“, sagt Theater-Intendant Jürgen Zielinski. Und morgen 15.03.2012 zum Beispiel können Neugierige in der Spielstätte am Lindenauer Markt schon mal die Geschehnisse zwischen linker und rechter Herzkammer bei einer ersten öffentlichen Präsentation verfolgen (10 Uhr).
„Die Vorjahresproduktion zwischen Theaterkunst und Wissenschaft – eine ,Theatrale Biologiestunde‘ – hat so gut funktioniert und so starkes Interesse gefunden, das drängt doch nahezu nach einer Fortsetzung“, meint Zielinski und verweist für die Spielzeit 2010/2011 auf immerhin 29 Aufführungen vor kleineren und größeren Kreisen, eine 90-prozentige Auslastung und an die 1400 Besucher. Herzstück des populären
Stückes, bei dem um Aufklärung bemühte Kardiochirurgen die Bühne mit entern und gleichzeitig die Kulturgeschichte des menschlichen Pumporgans – vom Herzopfer der Azteken über die Nibelungensage bis hin zur Schneewittchenparodie – für Erkenntniszuwachs im Publikum sorgen, war bisher stets ein gemietetes, begehbares Herzmodell. Und wenngleich auch die bereitstellende Agentur ein Herz für das Anliegen hatte und Rabatte einräumte: „Billig ist so etwas nicht“, sagt Barten. „In der Regel kostet so etwas 2000 Euro am Tag.“
Ins finanzielle Abseits wollten die beiden Borussia-Dortmund-Fans Barten und Zielinski mit der nun fortwährenden Koproduktion ihre Häuser jedoch keineswegs schießen. Im Mai vorigen Jahres dann der Dreh: „Wir bauen uns so ein Teil selbst.“ Was – so Zielinski – zur „gänzlich neuen Herausforderung für die beste Theaterwerkstatt weit und breit“, für die Theaterwerkstätten der Stadt Leipzig, wurde. Das Herzzentrum nahm die Herstellungskosten auf seine Kappe. „Wir haben mitbekommen, dass sich Wissen auf
diese Art sehr anschaulich vermitteln lässt. Nicht zuletzt bei Schülergruppen“, sagt Barten. „Wir stationieren das Modell in unserem Hörsaal, nutzen es unter anderem auch, um unseren Patienten und Angehörigen manches zu erklären und Therapien aufzuzeigen. Und, weil wir Uni-Lehrkrankenhaus sind, natürlich auch für die Ausbildung
von Studenten.“ „Hervorragend“ hätten die Theaterwerkstattleute um Doris Hähnert und Mirko Frosch auch diesbezüglich Bartens Extrawünsche umgesetzt. Das neue Modell hat, was das Agentur-Teil nicht hatte: zusätzlich eingesetzte Herzklappen; Möglichkeiten, eine Bypass- oder Aorten-Operation zu demonstrieren. „Da ist jetzt alles viel plastischer, viel moderner und exakter dargestellt“, freut’s den Mediziner. „Eine tolle Detailgenauigkeit! Einfach faszinierend, wie den Leuten um unsere Ausstattungsleiterin Vera Koch die Verbindung von Kunst und Wissenschaft gelungen ist“, schwärmt der Theaterchef. „Farben, Schattierungen, Muskeln, das schier spürbar pulsierende Blut!“ Wobei das Theater seinerseits die entsprechende Be- und Ausleuchtungs- sowie Tontechnik
„implantierte“. „Damit das Herz auch klopft und zischt!“, wie Zielinski deutlich macht. „Wir für unseren Teil können uns fortan für Projekte das Riesenherz aus dem Herzzentrum holen, etwa für Aufführungen in Schulen“, sagt er und scheint nahezu begeistert von der Vorstellung, künftig damit sozusagen „intravenös den Theatervirus“ unters Volk zu bringen. Und selbstverständlich werde es sicher Gelegenheit geben, auch im Herzzentrum oder anderen Krankenhäusern Auszüge aus der „Theatralen Biologiestunde“ aufzuführen, fügt Barten hinzu. „Wissen Sie“, sagt Zielinski, „das ist jetzt so eine Win-Win-Situation der besonderen Art – für Theaterzuschauer und Patienten“. Die ersten richtigen Vorstellungen, bei denen das neue, begehbare Herzmodell reinweg zum Erlebnis- und Erfahrungsraum wird, wie es heißt, werden die Theaterschauspieler und schauspielernden Herzchirurgen
zunächst am 24. und 25. April geben. „Und der erste Einsatz jenseits von Theater und Herzzentrum ist hoffentlich bei der Leipziger Museumsnacht (05.05.2012) und bei der Langen Nacht der Wissenschaften (29.06.2012), so die Herren Barten und Zielinski.

LVZ:: Angelika Raulien

SOURCE:: mit freundlicher Genehmigung Leipziger Volkszeitung, vom 14.03.2012

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