BIS 24.06.2012 HARALD KIRSCHNER IM ZEITGESCHICHTLICHES FORUM LEIPZIG
+++++ Eintritt frei +++++++++++ über 50.000 Besucher bis heute +++++++++++++
FACTS 08.03.-24.06.2012 Di-Fr 9.00-18.00 Uhr / Sa+So 10.00-18.00 Uhr
SOURCE ZEITGESCHICHTLICHES FORUM LEIPZIG Photographien von Harald Kirschner
Traum und Tristesse. Vom Leben in der Platte
Leipzig-Grünau, Halle-Neustadt, Berlin-Marzahn – die Bindestrich-Orte stehen für Plattenbausiedlungen, die seit Mitte der 1970er Jahre in der DDR entstanden sind. Viele empfanden die Zuweisung einer Plattenbauwohnung als Lottogewinn, andere erlebten die dort vorherrschende Uniformität der Architektur und die oft katastrophale Infrastruktur als deprimierend. Diesem Spannungsverhältnis zwischen „Traum und Tristesse“ auf der Spur sind rund 70 Aufnahmen des Leipziger Fotografen Harald Kirschner, die das Zeitgeschichtliche Forum vom 8. März bis 24. Juni 2012 präsentiert.
1976 fiel der erste Spatenstich für die Neubausiedlung Leipzig-Grünau. 1981 zog der damals 37-jährige Harald Kirschner zusammen mit seiner Familie von der Innenstadt hinaus nach Grünau, in eine der begehrten „Atelierwohnungen“ im 15. und 16. Geschoss eines so genannten PH 16 im WK 4 – die Abkürzungen stehen für Punkthochhaus und Wohnkomplex und gehörten zum alltäglichen Sprachgebrauch. Kirschner hatte sich – nach Studium und Lehre an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig – gerade als freiberuflicher Fotograf selbständig gemacht.
Als Betroffener und professioneller Beobachter zugleich dokumentierte Harald Kirschner seither die Entwicklung in der Neubausiedlung. Mit seiner Kamera hielt er die euphorische Aufbruchstimmung der ersten Jahre fest, das Bemühen der Menschen, dem Leben in den „Arbeiterschließfächern“ in „Schlammhausen“, wie die Wohnungen und der Stadtteil im Volksmund bald hießen, Individualität zu verleihen. Kirschners besonderes Interesse galt den Kindern und Jugendlichen, die mit viel Phantasie ihren Lebensraum in Besitz nahmen – für sie war die entstehende Neubausiedlung mit ihren ständigen Baustellen ein großer Abenteuerspielplatz. Die Bilder offenbaren die Mängel der Planwirtschaft, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit im „real existierenden Sozialismus“, aber auch die Umbrüche 1989/90 und zeigen dabei viel Sympathie für die Menschen, die darin lebten.
PRESSE und MEDIEN online
- infotvleipzig YouTube 08.03.2012
- ZEIT – online I PIA VOLK im INTERVIEW mit HARALD KIRSCHNER I 04.04.2012 – 08:00Uhr
- WOHNSINN IN DER PLATTE – jeder-qm-du
- QUARTIERSMANAGEMENT – Grünau entwickeln „Ich bin ein Straßenfotograf“
- Wolfgang KIL „Szenen einer Besitzergreifung“ in BAUWELT 19.2012
- HALINA KIRSCHNER ILLUSTRATION + GRAFIK
SOURCE WOLFGANG KIL zur Eröffnung der Fotoausstellung am 7. März 2012
Vom Heimischwerden „…….. Und noch eines will ich zu diesen Bildern unbedingt anmerken: Man muss der Stadt Leipzig gratulieren, dass sie in ihrer größten Stadtrandsiedlung einen solchen Chronisten wohnen hat. Einen, der nicht nur wie auf Expeditionstour mal „rausfährt“ und dort, je nach thematischem Vorsatz, die krassesten Ansichten und spektakulären Events aufschnappt. Abgesehen von Halle-Neustadt, kenne ich sonst aus keinem der ostdeutschen Großwohngebiete – weder aus Berlin-Marzahn, noch aus Rostock-Lütten Klein, Dresden-Gorbitz oder gar Wolfen-Nord – einen engagierten Fotografen, der sich im dokumentarischen Selbstauftrag mit Haut und Haar auf dieses spezielle Lebensmilieu eingelassen hatte – als Zeitzeuge, als einer, der dabei ist und dabei bleibt, auch wenn er den Matsch von der Baustellenpfützen abends in die eigene Wohnung schleppt. Der selber vom Bauernanhänger einkauft, weil die Kaufhalle erst noch ein Rohbau ist. Der sich irgendwann mit allen Nachbarn über den endlichen Straßenbahnanschluss so freute, wie er sich heute von der Einstellung des S-Bahnverkehrs existenziell benachteiligt fühlt. Weiterlesen